Aus dem Leben des hl. Bruno

Einleitung

Nur ein paar kurze Anmerkungen mit Verweis auf grundlegende Werke wie: Ärztliche Seelsorge von Viktor FRANKL, dem Begründer der Logotherapie, der 3. Wiener Schule der Tiefenpsychologie, Spirituelle Psychologie (Kösel-Verlag 1998) der bekannten Logotherapeutin Elisabeth LUKAS und Gottes Geist ist konkret - Spiritualität im christlichen Kontext (Echter-Verlag 1999) von Josef SUDBRACK SJ, einem der bedeutendsten Experten für Mystik und christliche Spiritualität.

Vom Sinn des Lebens

Die uralten Menschheitsfragen, von Immanuel Kant als Was kann ich wissen? Was soll ich tun? Was darf ich hoffen? Was ist der Mensch? formuliert, münden auch in die Frage nach dem Sinn des Lebens. Diese Frage ist, wie die moderne Tiefenpsychologie in Form der Existenzanalyse und Logotherapie Viktor Frankls zeigt, eine der Grundfragen des Menschen von heute. Die allgemeinen Wege zur Sinnfindung sind die Hingabe an eine Aufgabe, das ist die Verwirklichung schöpferischer Werte in Beruf, Freizeit oder ehrenamtlicher Tätigkeit, des weiteren die Hingabe an Menschen in Form von Liebe, Freundschaft oder mitmenschlicher Solidarität, aber auch die Hingabe an Gott, und die Begegnung mit der Schönheit der Natur oder in der Kunst – also Erlebniswerte – und schließlich die Fähigkeit, auch in einer schicksalhaft unabänderlichen Situation, wie sie die tragische Trias von Leid, Schuld und Tod darstellt, trotzdem Ja zum Leben sagen zu können und auch hier noch Sinnchancen in Form der Einstellungswerte zu ergreifen. Auf die Spur des konkreten, je persönlichen Sinns, der sich aus den Anforderungen der Situation und den Fähigkeiten der Person ergibt, bringt den Menschen das Gewissen. So erkennen viele Menschen ihre Verpflichtung den Mitmenschen und den Aufgaben in der Welt gegenüber und erfüllen sie auch, allerdings ohne eine spezifisch religiöse Sicht der Sinnfrage.

Vom Sinn christlicher Existenz

Das Besondere des religiösen Menschen besteht nach Frankl darin, dass er das Leben nicht nur als Summe von Aufgaben, sondern als einen Auftrag sieht - und der Auftraggeber ist Gott. Damit wird aber der persönliche Sinn auch vom Sinn des Ganzen, des Universums und der Menschheit, dem Über-Sinn, umfasst und auch von diesem her gesehen. Mit dieser Feststellung endet aber auch die Zuständigkeit jeder Psychotherapie, auch der sinnzentrierten Logotherapie, die sich um eine immanente (=innerweltliche) Sinndeutung bemüht - den Weg in den Bereich der Transzendenz und damit des Über-Sinns weist die Religion.

Für Christen bedeutet dies, dass Gott jeden von uns aus Liebe ins Dasein gerufen hat, dass wir von Ihm gerade auch in unserer Begrenztheit und mit unseren Schwächen angenommen werden und eigentlich nichts „leisten“ müssen als die Mitmenschen zu lieben und ihnen ihre Schwächen zu vergeben, wie Gott, unser Vater – Jesus spricht vom Abba = Papa, Vati !! – uns unsere Schuld vergibt. Der Über-Sinn bedeutet, sich vom Vater im Himmel lieben zu lassen und das Licht dieser empfangenen Liebe leuchten zu lassen - jeder in seiner persönlichen Welt mit seinen von Gott geschenkten Fähigkeiten - damit die Finsternis des Leides und Hasses in dieser Welt kleiner werde. Die Frohbotschaft Jesu Christi, dass Gott ein barmherziger Vater und nicht ein kleinlicher Sittenwächter ist, vermittelt so eine tiefe Geborgenheit und die Sicherheit, dass trotz all unserer Begrenztheit und Unvollkommenheit Gott ergänzt, was an unserer Liebe mangelt und uns nichts trennen kann von der Seiner Liebe (vgl. Lk 15 und 1. Johannesbrief).

Die Orden

Zahlreich sind die Wege und Möglichkeiten, Gott und den Mitmenschen zu lieben. Einer dieser Wege ist die Berufung zum Ordensleben. Hier wird durch Besitzlosigkeit, Ehelosigkeit und Bindung an die klösterliche Gemeinschaft eine Lebensform gewählt, die einen äußeren Rahmen (z.B. festgelegte Zeiten des Gebets, der Lesung der Hl. Schrift, der Besinnung) auch für eine intensive Begegnung mit Gott ermöglichen soll.

Dies kann in einem Leben vornehmlich in Einsamkeit bestehen, wie es die christlichen Wüstenväter der ersten Jahrhunderte gezeigt haben, oder im Leben in einer Ordensgemeinschaft, wie es der hl. Benedikt von Nursia, der Begründer des abendländischen Mönchtums, in seiner von tiefer Weisheit und Liebe geprägten Regel unübertroffen festgelegt hat.

Einen besonderen Weg hat Bruno der Kartäuser mit der Gründung seiner Kartause 1084 beschritten. Er wählte eine monastische Lebensweise, die ein Maximum an Einsiedlerdasein mit einem sinnvollen Maß an Gemeinschaftsleben verband.

Der Ordensgründer Bruno

Ein prophetischer Traum:

Im Juni des Jahres 1084 meldete man Bischof Hugo von Grenoble die Ankunft von sieben Männern, die um die Zuweisung eines abgeschiedenen Gebietes baten, um dort, fern vom Treiben der Welt, ein Leben des Gebetes und der Hingabe an Gott führen zu können. Dies schien dem Bischof die Erfüllung eines Traumgesichts zu sein, in dem sieben Sterne den Weg zu einer öden Gebirgslandschaft, dem Kartausenmassiv, wiesen, wo Gott sich ein Haus zu seinem Ruhm bauen wollte. Die Gruppe wurde von Bruno von Köln angeführt, der zu den angesehensten Theologen Frankreichs zählte.

Der Ordensgründer:

Bruno wurde um l030 in der norddeutschen Stadt Köln geboren. Die in seiner Vaterstadt begonnenen Studien führte er an der weithin berühmten Domschule zu Reims in Frankreich zu Ende. Er wurde Mitglied des Domkapitels und unterrichtete Theologie und die ,,freien Künste“. Im Jahre 1056 übertrug ihm Erzbischof Heriman die Leitung der Domschule. Bruno wurde von allen wegen seines Wissens und seiner menschlichen Qualitäten sehr geschätzt. Er stellte seine moralische Integrität unter Beweis, als er offen gegen den korrupten und gefürchteten Erzbischof Manasse auftrat, der 1068 durch Simonie (Ämterkauf) Nachfolger Herimans wurde. Deshalb musste Bruno 1077 in die Verbannung, seine Güter wurden konfisziert.

Erst 1080 wurde der unwürdige Manasse abgesetzt und exkommuniziert. Der päpstliche Legat bot Bruno den Bischofsstuhl von Reims an, doch dieser lehnte das ehrenvolle Angebot ab und verließ vermutlich 1083 die Stadt, nachdem er seinen Besitz an die Armen verschenkt hatte.

In einem Brief an einen Freund finden wir die Begründung für diesen Entschluss:

"Wir sprachen während einiger Zeit, glaube ich, vom falschen Zauber und den vergänglichen Gütern dieser Welt und den Freuden der ewigen Herrlichkeit. Da haben wir, von göttlicher Liebe entbrannt, versprochen, gelobt und beschlossen, die vergänglichen Schatten dieser Welt zu verlassen, um uns auf die Suche nach den ewigen Gütern zu machen und das Mönchsgewand anzulegen.“

Mit einigen Gefährten ließ er sich in der Nähe der Benediktinerabtei Molesmes nieder, die Abt Robert, der spätere Gründer des Zisterzienserordens, leitete. Das Leben in einer Mönchsgemeinschaft (Zönobitentum) entsprach jedoch nicht Brunos Ideal, er wollte als Einsiedler (Eremit) sein Leben voll auf Gott ausrichten. Als sich seine Freunde nach einiger Zeit eremitischer Erfahrung für das Zönobitentum nach dem Vorbild Molesmes entschieden, zog Bruno mit sechs anderen Gefährten nach Grenoble weiter.

Die Anfänge in der Chartreuse:

"Chartreuse“ ist der Name eines bis zu 2000 m hohen Gebirgsmassivs in den französischen Alpen. Dort, in einem ca. 1175 m hoch gelegenen, unwirtlichen Tal, der sogenannten ,,Einöde der Kartause“ (Désert de Chartreuse), wies Bischof Hugo dem heiligen Bruno und seinen Gefährten einen Platz für ihre Einsiedelei zu.

Der Klosterbau bestand aus einigen Holzhütten, die durch eine zu einer Kapelle aus Stein führende Überdachung verbunden waren, und einigen Gemeinschaftsräumen. Dem Einsiedlerideal entsprechend widmeten sich die Mönche in der Einsamkeit ihrer Zellen vorwiegend dem Gebet und der Betrachtung. An Wochentagen trafen sie sich täglich in der Kapelle zum gemeinsamen Gebet. An Sonn- und Feiertagen feierten sie gemeinsam heilige Messe, trafen sich zur Beratung und aßen gemeinsam zu Mittag, während sie sonst alleine in der Zelle ihr karges Mahl einnahmen. So ergänzte Bruno das Einsiedlerdasein durch ein kluges Maß an Gemeinschaftsleben und verband die Gottsuche in Einsamkeit und Schweigen mit der Verwirklichung brüderlicher Nächstenliebe.

Zwei der Gefährten Brunos, Laienbrüder, siedelten sich weiter talwärts an. Durch ihre manuelle Tätigkeit (bescheidener Ackerbau und etwas Viehzucht sowie handwerkliche Arbeiten) sicherten sie die materielle Basis der Gemeinschaft - eine wichtige Funktion, die den Laienbrüdern auch heute noch zukommt.

1132 wurde das Ursprungskloster durch eine Lawine zerstört. Guigo I., der 5. Prior, baute zwei Kilometer talwärts ein neues Kloster - die heutige Grande Chartreuse (Große Kartause).

Von Frankreich nach Italien:

Im Jahre 1090 wurde Bruno von Papst Urban II. nach Rom berufen. Das von Kaiser Heinrich IV. und einem Gegenpapst bedrängte Kirchenoberhaupt suchte die Unterstützung bedeutender Theologen, zu denen auch Bruno, sein ehemaliger Lehrer, zählte. Dieser Ruf hätte beinahe das Ende der kleinen Gemeinschaft bedeutet. Bruno konnte seine verzagten Gefährten nur mit Mühe zum Verbleiben unter Führung seines Vertrauten Landuin als Prior überreden. Er selbst reiste nach Rom, musste aber mit dem Papst vor den Truppen Kaiser Heinrichs IV. nach Süditalien fliehen. Als ihn Papst Urban aber zum Erzbischof von Reggio in Kalabrien ernennen wollte, bat Bruno um die Erlaubnis, seiner Berufung getreu, wieder als Einsiedler leben zu dürfen. Der Heilige erhielt ein Gebiet in Kalabrien, das dem normannischen Grafen Roger gehörte, wo er die Kartause Santa Maria delle Torre gründete. Der erste Kartäuser kehrte nicht mehr in die Große Kartause zurück, sondern starb in Santa Maria am 6.Oktober 1101. Er wurde 1514 von Papst Leo X. heilig gesprochen.

„In vielen Bereichen verdient Bruno Lob, besonders aber darin: Er war ein Mann von immer ausgeglichener Stimmungslage, das war seine besondere Gabe. Immer war sein Antlitz heiter, sein Wort schlicht. Er verband die Autorität eines Vaters mit der Zärtlichkeit einer Mutter. Niemand empfand ihn jemals als zu stolz, sondern jeder empfand ihn als sanft wie ein Lamm.“ (aus dem Totenlob Brunos)

Eustache LeSueur: Das Leben des hl. Bruno, 1648 (Louvre, PARIS)